Hundekrankheiten Lexikon: Ellenbogengelenksdysplasie – Wenn der Ellenbogen schmerzt …
Die Ellenbogengelenksdysplasie des Hundes gewinnt trotz intensiver zuchthygienischer Maßnahmen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung.
Diese – äußerst schmerzhafte – Veränderung der anatomischen Strukturen des Gelenkes ist eine der häufigsten Lahmheitsursachen der Vordergliedmaße des Hundes. Nicht nur schwere, große Rassen sondern zunehmend auch mittelgroße und sogar kleine, leichte Rassen sind von dieser erblichen Erkrankung betroffen. Obwohl eine typische Junghunderkrankung, die sich bereits in den ersten Lebensmonaten ausprägt, wird eine Ellenbogengelenksdysplasie häufig erst im weiteren Verlauf oder sogar erst nach Abschluß der Wachstumsphase klinisch auffällig.
Was ist ein dysplastisches Ellenbogengelenk?
Generell spricht man bei der Ellenbogengelenksdysplasie von einer Gelenksinkongruenz, d.h., das Gelenk „passt“ nicht. Die Gelenkflächen können nicht reibungslos gegeneinander gleiten, sondern „haken“ und „reiben“ aufeinander – im schlimmsten Fall wie bei einem klemmenden Scharnier.
Dies entsteht durch ein unterschiedliches Längenwachstum der drei beteiligten Knochen: der unteren Gelenkflächen des Oberarmes mit der sog. Trochlea humeri und dem Capitulum humeri, der oberen Gelenkfläche der Speiche mit dem Caput radii, sowie der oberen Gelenkflächen der Elle mit der Incisura trochlearis und den Gelenkflächen des inneren und äußeren Coronoids. Bilden die knorpeltragenden Flächen dieser drei Vorderarmknochen kein einheitliches, homogenes Gleitlager, kommt es zu Stufenbildungen und in der Folge zu teils massiven Fehlbelastungen. Die fehlerhaft auf die Gelenkflächen wirkenden Kräfte können so groß sein, dass es zu weiterem Fehlwachstum oder sogar zu Ermüdungsbrüchen innerhalb des Ellenbogengelenkes kommt.
Weiterhin kann auch der Knorpel selbst von einer fehlerhaften Entwicklung betroffen sein. Dabei kommt es zu einer mangelhaften Verfestigung des knorpeltragenden Knochenfundamentes – der Knorpel wird „weich“. Wie bei einer braunen Stelle in einem grünen Apfel kann der Knorpel so der einwirkenden Belastung nicht standhalten, wird eingedrückt und reißt schließlich aus. Das ausgerissene Stück treibt unkontrolliert durch das Gelenk und führt zu massiven Schädigungen der übrigen Gleitflächen.
Die Folge dieser Veränderungen in ihrer Gesamtheit sind neben der akuten Schmerzsymptomatik vor allem Langzeitschäden durch die entstehende Arthrose. Die Erkrankung wird chronisch und kann zu einer dauerhaften, erheblichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Patienten führen.
Die frühzeitige Erkennung ist wichtig…
…für die Gewährleistung möglichst guter Heilungschancen. Länger währende oder wiederholt auftretende Lahmheiten der Vordergliedmaßen sollten insbesondere in der Wachstumsphase des Hundes Anlaß zu einer Vorstellung beim Tierarzt sein.
Über die Kontrolle des Gangbildes, das Abtasten der Gelenke sowie vor allem über die Röntgendiagnostik und ergänzend mit Hilfe einer Computer-Tomographie (CT) kann eine eindeutige Diagnose gestellt werden.
Je früher dies geschieht, um so weniger stark ausgeprägt sind meist die Schädigungen innerhalb des Gelenkes und damit auch die zu erwartenden Folgeschäden.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Je nach Ausprägung und Schwere der Erkrankung stehen dem Tierarzt verschiedene Möglichkeiten der Behandlung zur Verfügung. Medikamentelle Ansätze haben – ebenso, wie die klassische Akupunktur – meist nur einen vorübergehenden Effekt. Die krankheitsverursachenden Veränderungen des Bewegungsapparates bleiben bestehen.
Als Mittel der Wahl gilt die chirurgische Korrektur der jeweiligen Fehlstellung. Durch operative Verlängerung oder Verkürzung der betroffenen Knochen bzw. durch Entfernung oder Fixierung gebrochener oder nicht zusammengewachsener Knochenanteile (Fragmente) wird dabei versucht, die Passform der Gelenkflächen so wiederherzustellen, dass sie den natürlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommt. Auch die dargestellten Veränderungen des Gelenkknorpels können – in begrenztem Rahmen – chirurgisch korrigiert werden. Ob diese Verfahren unter arthroskopischem Gelenkszugang oder durch direkte Eröffnung des Gelenkes Anwendung finden, ist für den Heilungsverlauf dabei nicht von Bedeutung.
Sind die Veränderungen so massiv bzw. so weit fortgeschritten, dass mit herkömmlichen Verfahren keine Verbesserung mehr zu erzielen ist, bleibt als letztes Mittel die Implantation eines künstlichen Ellenbogengelenkes. Eine entsprechende Prothese ist seit wenigen Jahren auf dem Markt. Langzeiterfahrungen mit diesem System liegen daher allerdings gegenwärtig nur vereinzelt vor.
Präventiv bleiben neben zuchthygienischen Maßnahmen nur sehr wenige Möglichkeiten. Lediglich im Bereich der Fütterung kann über die Kontrolle des Energie- und Eiweißgehaltes des Futters und damit die Vermeidung einer deutlichen Wachstumsbeschleunigung über das normale Maß hinaus eine zusätzliche Verstärkung der anatomischen Veränderungen möglicherweise vermieden werden.
Die frühzeitige Diagnose und auf den jeweiligen Patienten abgestimmte Behandlung der Erkrankung ist in jedem Fall Grundlage für einen möglichst erfolgreichen Heilungsverlauf.
.
.
.
.
.
.
.
Hundekrankheiten-Lexikon mit freundlicher Genehmigung der LESIA Tierklinik Düsseldorf
.
.